Cassardim – Jenseits der Goldenen Brücke von Julia Dippel

Worum geht’s?

Amaia ist gerade sechzehn geworden – zum achten Mal. Warum ihre Familie so langsam altert und warum sie keinem ihrer fünf Geschwister ähnelt, möchte Amaia unbedingt herausfinden, aber ihre Eltern tun alles, um dieses Familiengeheimnis zu wahren – ständige Umzüge, strenge Regeln und Gedankenkontrolle inklusive. Amaia sieht ihre Chance gekommen, als ihre älteren Brüder eines Tages einen Gefangenen mit nach Hause bringen: den geheimnisvollen wie gefährlichen Noár, der ebenso wenig menschlich ist wie sie. Doch dann wird Amaias Familie angegriffen und plötzlich ist Noár ihre letzte Hoffnung: Er verlässt mit ihnen die Menschenwelt und bringt sie nach Cassardim, ins Reich der Toten, wo Amaia zwischen Intrigen, Armeen, lebendig gewordenen Landschaften, unwirklichen Kreaturen und mächtigen Fürstenhäusern endlich ihre Antworten findet – und ihr Herz verliert.

Wie gefällt es mir?

Cassardim ist die Welt der Toten. Die Grundidee findet sich in vielen Geschichten wieder als der Ort, an dem entschieden wird, ob eine verstorbene Seele ein neues Leben anfangen darf oder „in die Hölle“ kommt. Doch die Autorin hat hier etwas Besonderes geschaffen. Eine spannende Welt voller Unterschiede, Besonderheiten, Unwirkliches und Bekanntem. Die Beschreibungen von Landschaft und Völkern ist sehr detailreich, sodass die Lesenden sich ohne Anstrengung in einer ihr neuen Welt wiederfinden. Dazu kommt ein komplexes Gebilde aus Herrschern, politischen Ehen, Verbündeten, Verhassten und dem Grund, warum es den Ort Cassardim gibt – für den Grund müsst ihr die Geschichte lesen.
Mit der Protagonistin Amaia, die als fast gewöhnliche Schülerin vorgestellt wird, wird man in diese Welt gezogen und entdeckt nach und nach die Geheimnisse, wer zum Freund wird, wer zum Feind wird. Amaia beginnt als junge Frau, die zwar aussieht wie 16 Jahre, aber jedes ihrer Lebensjahre zehn mal erleben muss. So ist sie eigentlich 160 Jahre alt und versucht herauszufinden, was das Familiengeheimnis ist. Denn auch ihre Eltern und Geschwister altern so langsam. Ihre Entwicklung passt gut zu ihren Erlebnissen. Von Überforderung bis zum Wachsen an der eigenen Person ist alles dabei. Die Lesenden werden gut mitgenommen und können gemeinsam mit Amaia erleben, verstehen und entdecken. Das gefällt mir richtig gut, genauso wie ihr Humor und Sarkassmus. Sie steht für das ein, was ihr wichtig ist und was sie für das Richtige und Gerechte hält.
Neben Amaias Entwicklung und den Geschehnissen in der Welt von Cassardim gibt es Noár, über den an dieser Stelle nicht zu viel verraten wird. Er bedient  zwar ein paar Klischees und der ein oder andere Fakt ist nicht überraschend, trotzdem ist er ein vielschichtiger Charakter, den man, neben einigen anderen Figuren, nicht sofort durchschaut und, genau wie die Protagonistin selbst, erst kennenlernen muss. Viele Charaktere sind detailreich gezeichnet, sodass beinahe niemand oberflächlich oder als typische Randfigur erscheint.
Der Schreibstil der Autorin ist mitreißend, flüssig und rund. Besonders die Beschreibungen der Umgebungen gefallen mir sehr gut, denn so hat man wahrlich das Gefühl, diese Gegend zu erkunden.

Zitat

»Ich sage es nicht nur, ich weiß es! Du wirst das schaffen!« Ich sah meiner Freundin fest in die Augen und legte meine ganze Überzeugungskraft in die nächsten zwei Worte. »Glaub mir!« Ein trüber Nebel wirbelte durch Zoeys dunkle Augen, bevor der so vertraute Glanz zurückkehrte. Sie lächelte mich an. Dankbar und voller Zuversicht. (Cassardim – Jenseits der Goldenen Brücke von Julia Dippel)

Auf den Punkt gebracht

Ein spannender Auftakt einer Trilogie, die die Lesenden einfach nur mitreißt. Voller Geheimnisse, Intrigen, Machtspiele, einer starken Protagonistin und einer Liebesgeschichte mit Höhen und Tiefen, die nicht leicht zu durchschauen ist.

Daten

Titel: Cassardim – Jenseits der Goldenen Brücke
Autorin: Julia Dippel
Verlag: planet!
Seiten: 528 Seiten (HC)
Preis: € 17,- (HC)

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